Am heutigen Abend wurde dem Bockdamern der abgebildete Fehdehandschuh hingeworfen. Zwar handelt es sich hier um einen klaren Akt der Aggression, allerdings hat der Kontrahent ebenso gezeigt, dass er eine gewisse Ehrenhaftigkeit besitzt, da er nicht das Schild herausgerissen oder sonst in irgendeiner Weise Schaden angerichtet hat, wozu er zweifellos die Möglichkeit hatte. Für diese Ehrbarkeit und seine Absicht, sich an die Regeln des Anstands zu halten, wird dem Kontrahent gedankt.
Die Fehde ist halb ein alter Brauch und halb ein Rechtsmittel, mit dem noch bis ins 19. Jahrhundert regelmäßig Streitigkeiten ausgeräumt wurden. Es handelt sich um eine Form kultivierter Kriegsführung, bei der zwei Kontrahenten eine Meinungsverschiedenheit allgemein in ehrenvoller Weise austragen sollen, sodass dabei die Gemeinschaft keinen Schaden nehme. In der Theorie sind die Fehdenden durchaus Kontrahenten aber eben keine Feinde. In der Praxis wurden Fehden dennoch oft in der Form von Duellen ausgetragen, bei denen man ohne Rüstung nur mit einem Degen bewaffnet gegeneinander antrat und dann bis auf den Tod kämpfte. Aus diesem Grund wurde diese Institution am Übergang zwischen Brauch und Recht im 19. Jahrhundert zunehmend verbannt. Zu oft hatten sich Kontrahenten aus einem mit Ehre verwechselten Eigensinn in hitzköpfige Duelle gestürzt und dabei völlig ignoriert, dass die Gemeinschaft sehr wohl großen Schaden nimmt, wenn ihre Mitglieder verenden. Es war die Unreife der Leute der damaligen Zeit, die dazu führte, dass man das Gewaltmonopol beschloss und jene, die vorher freie Ehrenleute waren, mussten sich fortan dem Staate unterwerfen, der sie bis heute für ihre Torheit schikaniert.
In der vorliegenden Situation ist bislang nicht klar, von wem die Fehde ausgeht oder was damit bezweckt wird. Es wurden dem Bockdamern gegenüber keine Bedenken geäußert und überhaupt wurde mit dem Betreiber in keiner Weise gesprochen. Es hat den Anschein, dass der Kontrahent davon ausgeht, dass Bedenken mit Meinungsverschiedenheiten gleichzusetzen sind und automatisch Streit bedeuten. Diese Auffassung wird hier nicht geteilt. Man hat hier die Erfahrung gemacht, dass Bedenken häufig unbegründet sind und rein auf irrationalen Ängsten basieren, die in keiner Weise mit der Realität einhergehen. Konkret kann das Neid sein oder das Gefühl, dass man ein Feindbild bekämpfen möchte, dass man in einem anderen bestehen sieht, obwohl man ihn nicht kennt. Aber all das ist bereits Spekulation, weil man ja nicht miteinander spricht, sondern wenn überhaupt Gerüchte in die Welt setzt, die völlig aus der Luft gegriffen sind und dafür keinerlei Beweis vorlegt. Es liegt eine deutliche Widersprüchlichkeit in der Tatsache, dass in einer Gesellschaft, wo man Konflikte mit Ehrenritualen, wie der Fehde lösen möchte, derart unehrenhaftes Geschwätz verbreitet ist. Der Betreiber der Neuanderwelt möchte den Kontrahent anregen, ein vertrauliches Gespräch zu suchen, wozu er alle Möglichkeiten hat und gibt diesem vorab sein Wort, dass seine Identität und der Inhalt des Gesprächs vertraulich bleiben werden. Der Fehdehandschuh muss indes an Ort und Stelle liegen bleiben, weil man mit Unbekannten nicht über Unbekanntes streiten kann und es unehrenhaft wäre, Dinge anzunehmen, die man schlicht und einfach nicht klar weiß.
Man nimmt oft an, es ginge bei der Ehre darum, sich ja nur nichts gefallen zu lassen, dabei ist es genau anders herum, dass die Ehre von einem verlangt, Dinge zu unterlassen, obwohl man damit davonkommen würde und andere Dinge zu tun, obwohl einen niemand zwingt. Ehre zu haben fordert ein, selbstbestimmt und verantwortlich zu handeln. Die Gerichtsbarkeit und weite Teile des immer erbärmlicher auf ganzer Linie versagenden Staates existieren einzig und allein, weil die Leute eben nicht ehrenhaft sind und auch Erwachsene meist nicht dazu im Stande, ihre Anliegen untereinander zu klären, sondern, wie im Kindergarten einen Aufpasser brauchen, der für jeden Einzelfall bestimmen muss, was nun richtig und was falsch ist. Aber auch die Bediensteten des Staates sind kein Stück besser, als das Geschmeiß, das sich auf den Straßen überwirft. In diesem Sinne haben es sich alle redlich verdient, so grandios verarscht zu werden, wie sich das auch öffentlich immer klarer offenbart. Im Bockdamern empfindet man das als würdelos. Man traut sich selbst mehr zu und hofft, dass andere für sich zu ähnlichen Schlüssen kommen.
Update: 14.07.2024
Der Fehdehandschuh wurde auf der Grundstücksbegrenzung abgelegt. Der Fehdende kann ihn dort abholen, ansonsten wird er in den nächsten Tagen im Mülleimer landen.
Update: 18.07.2024
Der Fehdehandschuh wurde entsorgt. Weder Gegenstand, noch die Identität beider Kontrahenten waren zu irgendeinem Zeitpunkt bekannt, daher ist das Hinwerfen des Fehdehandschuhs als ein nichtiger Akt anzusehen. Die Vorbedingungen waren und sind nicht erfüllt, die Fehde als Ganzes ist null und nichtig.
Honor lex.
Ehre ist das Gesetz.
Bellum inhonestum.
Krieg denen, die unehrenhaft sind.
Iustitia dictum est.
Recht wurde gesprochen.